Sie beginnt ihren Maltag – lesend. Genährt vom Lied der Lieder, von Juan de la Cruz, Teresa von Ávila oder Paul Celan geht sie an die Arbeit, auf ihr Feld, tagtäglich. Immer das Gleiche. Sekundenbildchen schreibend (die Ikonenmaler*innen schreiben ihre Bilder) oder meterlange Papierbahnen füllend, immer dem Geruch von Pigment, Öl, Lack und handgeschöpftem Papier folgend, den Sinnen folgend, die dem Tun des Menschen (der Menschin) Sinn geben. Die Verse lassen sie tanzen und singen ohne Ton mit vielen Pinseln, sprechen und dichten ohne Wort. Es ist immer das Gleiche. Ob Tornado oder glanzvolle Nacht, schwerer Stamm oder aufblitzende Furche, ob Dürres, von Winterlicht bloßgestellt, oder dahinwandernde vegetarische Karawane, Knall oder Fall, Traum oder Aufwachen, Wolke oder Gras. Das Suchen wie das Ruhen ist da, Bewässerung und Wüstenei, Höhle und Gipfel. Fern von anderen Bildern – außer den gelesenen, gegessenen –, fern vom Draußen. (Willibald Feinig)